Zurück zu den Wurzeln

Das heisst für Corina Früh zurück in den Kindergarten. 15 Jahre lang hat sie die Tübacher Kinder auf die Schule vorbereitet und ist darum vielen Tübacher*innen wohlbekannt. Vor rund drei Jahren hat sich Corina aus Tübach sowie dem Kindergarten verabschiedet, um sich einer neuen Herausforderung als Leitung in der Aktivierung und Kultur im Altersheim zu stellen. Wir haben uns über diese sehr intensive Zeit unterhalten.

Ins kalte Wasser geworfen

So hat sich der Start im Altersheim für Corina angefühlt. Die vorherige Stelleninhaberin war schon in Mutterschaft und Corina hat – ohne jegliche Erfahrung in diesem Bereich – in kürzester Zeit ein abwechslungsreiches Programm für die Bewohnenden zusammengestellt. Auch die kulturellen Anlässe in der Appenzeller Institution liefen über Corina. Sei es ein Brunch, Konzerte, Vorträge, Fasnachts- oder Weihnachtsfeste. Das gab organisatorisch und administrativ viel Arbeit. Corina ist nicht eine, die die Arbeit scheut. Im Gegenteil. Wenn sie etwas macht, dann richtig und mit vollem Einsatz.

So gab es neben klassischen Beschäftigungen wie haushalten, kochen, jassen, malen und dekorieren auch exotischere Angebote wie einen Zeitungszirkel, Gedächtnisfitness und sogar eine Musikband. Natürlich immer abgestimmt auf Können & Bedürfnisse der Teilnehmenden. Die Musikband hat sie in zwei Gruppen unterteilt. Die Einen haben verschiedene Rhythmen und unterschiedliche Abläufe und Kombinationen auf Schlaginstrumenten eingeübt. Während die zweite Gruppe zu alter und den Bewohnern wohlvertrauter Musik einfach mitgetrommelt haben.

Mit dem 93-jährigen Sepp hat Corina ein Buch geschrieben. Er hat ihr verschiedene unterhaltsame Geschichten aus seiner Kindheit erzählt, die Corina dann zu einem Buch «der Appenzeller-Bub Seppli» verfasst hat.

Der allgegenwärtige Tod und seine Folgen

Dass Tod und Abschied im Altersheim grosse Themen sind, war Corina bewusst. Die Tatsache, wie kurz die verbleibende Zeit der Bewohnenden im Heim ist, erstaunte sie hingegen sehr. Da die Leute vielfach erst in sehr hohem Alter eintreten, bleiben sie durchschnittlich für etwa. 1.5 Jahre dort wohnen. Bis zu ihrem Tod.
Der Tod hat dann nicht nur Trauer und Verlust zur Folge, sondern ändert ganz viel im normalen Tagesablauf. Weil die Warteliste lang ist, werden die freigewordenen Zimmer nach wenigen Tagen wieder vergeben. Und die neuen Bewohnenden möchten ebenfalls am Aktivierungsprogramm teilnehmen. Die Integration der neuen Bewohner in bestehende Gruppen benötigt viel Fingerspitzengefühl und Geduld, damit sich alle wohl fühlen.

Die Beziehung zu den älteren Menschen war für Corina eine grosse Bereicherung. Gemeinsam den Alltag im Heim zu gestalten, hat ihr Freude bereitet und sehr gut gefallen. Vor allem, dass die meisten auch im hohen Alter innerlich jung geblieben sind. “Junge Seelen voller Freude” sagt Corina “das ist schön zu sehen”. Vielleicht ist es Corina darum schwergefallen, sich abzugrenzen und immer wieder Abschied zu nehmen. Aus diesen Gründen war es auf die Dauer nicht der richtige Ort für sie.

Appenzellerland & Wurzeln = nice*

Ja das Appenzellerland. Früher war Corina viel mit ihrer Familie zum Wandern da. «Mein Vater wollte fast jedes Wochenende wandern gehen, da mussten wir einfach mit.» Drei ihrer vier Grosseltern kamen von dort. Einen Bezug zu Appenzell sei immer da gewesen. Heute ist es ihr Zuhause.

Dort wo Corina wohnt, kann sie gleich mit Wanderschuhen vor die Türe gehen und die Wanderung starten. Heute ist wandern ihr Ausgleich. “Richtig schön” sagt Corina. Sie ist angekommen.

Am Gespräch dabei sind zwei meiner Kinder. Einer davon im Kindergarten. Er erklärt Corina ausführlich von der Sammelaktion eines hiesigen Detailhändlers. Corina ist sofort im Kindergärtnerinnenmodus. Fragt ihn wie es funktioniert, welcher ihm am besten gefällt. Mein Sohn antwortet: “Die wo orange und rot sind, sind richtig nice*.” Ab so viel Enthusiasmus kann Corina herzlich lachen.

Sie hat sich auf diesen Sommer wieder einen Job im Kindergarten gesucht und ist mit ihren Kindern gut gestartet. Zurück zu den Wurzeln. In Appenzell. Ein gutes Gefühl. Oder wie mein Sohn sagen würde: «Nice*».

Danke liebe Corina für das Gespräch!

*Nice: Kinder- und Jugendwort für lässig, toll, super.

Bilder der Dekoration und aus dem Altersheim: Corina Früh – Bilder von Corina Früh: Lukas Geisser

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