Ritterliche Kopflosigkeit

KE. Auf Schusters Rappen, auf Pferderücken oder auf dem Stahlesel von Mörschwil über Aachen und Obersteinach nach Arbon zu kommen, ist auch abseits des motorisierten Verkehrs gut möglich. Für die bequeme Wanderung vom Dorf Mörschwil bis zur Arboner Martinskirche braucht man zu Fuß weniger als anderthalb Stunden. Vom Dorfteil Obersteinach führt ein Naturweg durch die Bildzelg. Hier war einst ein besonders fruchtbares Ackerbaugebiet von Obersteinach. Diese Zelge trug ihren Namen wegen eines Wegzeichens, des Vorgängers des 1677 errichteten Bildstocks. Dort verzweigte sich der Weg, ein Arm lief direkt zum Hafen von Steinach beim Gredhus, der andere zum Städtchen Arbon. Jahrhundertelang kamen an dieser Verzweigung die Angehörigen der ursprünglich riesigen Pfarrei Arbon aus Goldach, Grub, Eggersriet, Untereggen, Mörschwil, Tübach und Obersteinach auf dem Weg zu Hochzeiten oder Beerdigungen vorbei.

Der Bildstock von 1677 – namengebend für die »Bildzelg« dürfte sein Vorgänger gewesen sein.

Sanierter Pfad

Die Verbindung Richtung Arbon verläuft heute, etwas südlicher als früher, als Pfad durch Obstwiesen voll saftigem Gras. Der schmale Weg veranschaulicht uns Heutigen, wie wenig Ackerland selbst wichtige Verbindungen früher beanspruchten. Man ging oder ritt gewöhnlich hintereinander, so blieb mehr Platz für Korn.

Das Weglein nahe der alten Route wurde soeben frisch bekiest und ist daher kurzfristig für Räder und Pferde gesperrt. Heutige Pferde- und Stahleselreiter halten sich einsichtig an solche Regelungen. Früher konnte das durchaus anders sein.

Mutwillige Reiter

Den Bildzelgweg nahmen schon im Mittelalter Fußgänger und Reiter. Letztere allerdings dürften sich nicht jederzeit ritterlich benommen haben. Denn vor allem für die Knechte von Rittern war es nicht selten ein Rowdy-Vergnügen, den Bauern in die Ernte zu reiten, möglichst im Galopp. Sozusagen mittelalterliches »Posing«. Machten das auch Reiterknechte aus der nahen Steinerburg oder aus den Burgen Mammertshofen und Arbon? Oder gab sogar der Königssohn Konradin, der rund drei Jahre lang in Arbon seine Ausbildung im Reiten und anderen ritterlichen Künsten erhielt, seinem jugendlichen Übermut nach? Das ist nicht überliefert.

Enthauptung Konradins auf dem Marktplatz in Neapel 1268

Überliefert ist das traurige Ende Konradins (1252-1268). An der Spitze eines Heeres war er von Meersburg aus nach Südtirol und an Rom vorbei Richtung Sizilien gezogen. Der Versuch, die von seinem Vater Konrad (1228–1254) verlorene Königswürde kriegerisch wiederzuerlangen, scheiterte. Am 29. Oktober 1268 wurde er auf dem Marktplatz in Neapel enthauptet. Konradin war der letzte Herzog von Schwaben. Auch als Folge seines Todes gingen die Schicksale der Gebiete nördlich und südlich des Bodensees in den darauffolgenden Jahrhunderten auseinander.

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