Am Tag danach – also nach Ende der Fussball-Europameisterschaft (herzlichen Glückwunsch an Sieger Spanien) – ein Rückblick unseres gwüsst-Lesers Gieri Battaglia auf Fussball anno 1937…
“Die Fussball-Europameisterschaft ist vorbei. Schade natürlich, dass Akanji seinen Penalty verschoss. Wer weiss: Vielleicht wären die Schweizer sogar noch Europameister geworden…
Leserinnen und Leser dürften schmunzeln, wenn sie den folgenden Text lesen. Vor 87 Jahren ging es im Fussball noch etwas anders zu und her. Gemäss einem Dokument des SFV so:
Am Sonntag 18. April 1937 spielte die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft in Brüssel gegen Belgien. Das Aufgebot erhielten die 13 Spieler (zwei davon Ersatz-Spieler) am 12. April, per Post.
Wer verhindert war musste sich bis spätestens Donnerstag 15. April um 9 Uhr beim Sekretariat des Fussballverbandes abmelden. Telefonisch. Unter der Nummer 27.166.
Am Samstagmorgen 17. April um 8.45 Uhr mussten sich alle Spieler im Bahnhof-Buffet 2. Klasse in Basel einfinden. Die Kosten für das Bahn-Billett 3. Klasse vom Wohnort des Spielers nach Basel (und wieder zurück) wurde jedem Spieler bar zurückvergütet.
Die Abfahrt im EDELWEISSEXPRESS erfolgte um 9.20 Uhr. Mittagessen gab’s im Zug. Für die 400 km lange Fahrt benötigte man damals sieben Stunden. Heute wären es fünf.
Mitzunehmen waren ein gültiger Reise-Pass, etwas belgisches Geld, Hausschuhe fürs Hotel, zwei Anzüge, davon ein dunkler fürs Bankett.
Nach der Ankunft in Brüssel um 16.13 Uhr begaben sich die Spieler ins Hotel Albert I, wo um 18.45 Uhr das Nachtessen serviert wurde.
Am Sonntagmorgen 18. April um 8 Uhr gab’s Frühstück. Um 11.30 Uhr das Mittagessen. Anschliessend Umziehen im Hotel. Rotes T-Shirt (mit dem kleinen weissen Schweizer-Kreuz), kurze weisse Hosen und rote Stulpen mit zwei weissen Streifen (sie reichten allerdings nur von den Knien bis über die Füsse) wurden zur Verfügung gestellt.
Socken mussten die Spieler von zu Hause selber mitbringen. Die Schuhe mussten in tadellosem Zustand sein. Eine kurzfristige Reparatur hätten die Spieler aus dem eigenen Sack bezahlen müssen!
Um 14.15 erfolgte die Abfahrt mit dem Bus zum Heysel- Stadion.
Der Match begann um 15 Uhr. Anwesend waren 17 000 Zuschauer. Schiedsrichter war Mister Hamilton aus England.
Belgien spielte mit Braet; Paverick, Joacim; Dalem, Stijnen, de Winter; Buyle, Ceuleers, Voorhoof, Braine, van den Eynde.
Die Schweiz mit Bizzozero; Minelli, Lehmann; Guinchard, Vernati, Lörtscher; Bickel, Paul Aebi, Karcher, Abegglen und Georges Aebi.
Leserin:innen beachten das damalige System beider Mannschaften: 1 (Torhüter), 2 (Verteidiger), 3 (Aufbauer), 5 (Stürmer)!
Das Spiel endete 1:2. Für die Schweizer! Die Tore schossen: 11. Abegglen 0:1, 48. Bickel 0:2, 74. Voorhoof 1:2.
Um 19.30 Uhr wurden die Spieler zu einem offiziellen Bankett eingeladen. Tenuevorschrift: dunkler Anzug. Wer bereits am Montag wieder arbeiten musste (Fussball-Profis kannte man damals noch nicht) musste schon nach dem Spiel in die Schweiz zurückfahren. Die übrigen durften einen freien Tag in Brüssel verbringen. Mit Frühstück, Mittag- und Abendessen im Hotel. Abends um 20.20 Uhr gings mit dem Zug zurück in die Schweiz. Ankunft in Basel um 5.56 Uhr.
Mich wundert:
- Erhielten die Spieler überhaupt eine Gage? Und falls ja: wie hoch war sie?
- Haben sie in der Zeit nach der Ankunft in Brüssel (Samstagnachmittag) bis zum Spielbeginn (Sonntagnachmittag) überhaupt ein Training absolviert?
Sie mussten ja sehr viel essen!”
Text: Gieri Battaglia, Quelle: SFV. Bild: WIKIPEDIA
Beitragsbild: Dieses Bild der Schweizer Nationalmannschaft entstand 1934 im San Siro-Stadion in Mailand. Die Schweizer besiegten damals die Niederländer mit 3:2.