In der aktuellen Rorschacher Richtplanung ist zur Attraktivitätssteigerung des Fuss- und Veloverkehrs folgender Richtplanbeschluss festgehalten:
“Der Anteil des Langsamverkehrs am Gesamtverkehr in der Stadt Rorschach soll erhöht werden. Der Langsamverkehr soll im innerstädtischen Verkehr zum bevorzugten Beförderungsmittel werden.”
Zum motorisierten Individualverkehr ist in der Richtplanung folgender Beschluss formuliert:
“Die Innenstadt wird durch die Einführung eines Niedrigtemporegimes von der Lärmbelastung und den Sicherheitsdefiziten entlastet sowie als Bewegungsraum für alle Verkehrsteilnehmer und als Aufenthaltsort aufgewertet.”
Beide Richtplanbeschlüsse blieben im Rahmen der öffentlichen Mitwirkung unbestritten.
Tempo 30 in der Innenstadt und den Wohnquartieren
Der Stadtrat hat sich in den vergangenen Jahren intensiv und umfassend mit der Gesamtverkehrsstrategie, welche den Fuss- und Veloverkehr, den öffentlichen Verkehr und den motorisierten Individualverkehr umfasst, auseinandergesetzt. Daraus sind – auch in Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden und dem Kanton – verschiedene Konzepte, Planungen und Projekte entstanden, die laufend aufeinander abgestimmt und umgesetzt werden. Eines davon ist das Konzept der Strassenhierarchie und damit der Planung von Tempo 30 in der Innenstadt, für welches die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Bürgerversammlung vom 28. März 2023 einen Investitionskredit von CHF 100’000.00 freigegeben haben.
Die Strassenhierarchie teilt Strassen in verkehrsorientiert und siedlungsorientiert ein. Die Gliederung ist wichtig, um die Verkehrsabwicklung für den Motorfahrzeugverkehr sicherzustellen und auf das übergeordnete Netz zu lenken. Dabei fliessen die Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmenden ebenso ein wie die Anforderungen an die Qualität des städtischen Lebensraums. Die Stadt Rorschach hat in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen unternommen, die Qualität der Strassenräume zu verbessern. Diesen liegen raumplanerische und städtebauliche Entwicklungen zugrunde. Die Veränderungen werden laufend im Konzept der Strassenhierarchie resp. Verkehrshierarchie festgehalten.
Verkehrs- und siedlungsorientierte Strassen
Verkehrsorientierte Strassen bilden das Rückgrat für den motorisierten Verkehr und sind auf einen möglichst flüssigen Verkehrsablauf ausgelegt. Zu ihnen gehören Hauptverkehrsstrassen und Hauptsammelstrassen.
Zu den siedlungsorientierten Strassen zählen Quartiersammelstrassen und Erschliessungsstrassen. Sie dienen primär der Erschliessung und dem Aufenthalt in den Quartieren und sind auf reduzierte Geschwindigkeiten ausgelegt. Deshalb sollen diese Strassen weitmöglichst in Tempo 30-Zonen oder Begegnungszonen integriert sein.
Tempo 30-Zonen und Begegnungszonen bewirken im Sinne des Strassengesetzes eine Beschränkung des Gemeingebrauches und werden durch die Kantonspolizei, Abteilung Verkehrstechnik, auf Antrag der politischen Gemeinde verfügt. Es braucht ein Abwägen der Verhältnismässigkeit zwischen der Klassierung und der Funktion der Strasse (grundsätzlich gilt innerorts Tempo 50) und der Beschränkung des Gemeingebrauchs.
Kein Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen
Eine Änderung ergab sich in Bezug auf die Kantonsstrassen. Mit dem Kantonsratsbeschluss über das 18. Strassenbauprogramm setzte der Kantonsrat gleichzeitig fest, dass Tempo 30 auf diesen verkehrsorientierten Strassen einzig noch aus Sicherheitsgründen eingeführt werden kann. Eine hohe Lärmbelastung darf hier nicht mehr Auslöser für ein Tempo 30-Regime sein. Mit der Motion “Kein Tempo 30 auf verkehrsorientierten Strassen” beauftragte das Kantonsparlament die Regierung im September 2023 mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Gesetzesanpassung. Das ist insbesondere für die neugestaltete Hauptstrasse relevant. Für diese entfällt damit eine weitere mögliche Massnahme gegen Autoposer.
Das nun vorliegende Konzept für Niedrigtempogebiete legt – neben den zwei bestehenden Tempo 30 Zonen – für die Innenstadt und die verbleibenden Wohnquartiere fünf Teilgebiete fest, welche neu als Tempo 30-Zonen ausgeschieden werden sollen. Tempo 30-Zonen werden bei den Zufahrten mit einem Eingangstor, d. h. mit entsprechenden Signalisationen, gekennzeichnet. Innerhalb dieser Gebiete gilt in der Regel Rechtsvortritt. Die Stadt hat allerdings in den vergangenen Jahren den Rechtsvortritt an verschiedenen Strassen durch Trottoirüberfahrten aufgehoben. Ein Rückbau wäre aufwändig und teuer. Ausnahme vom grundsätzlichen Rechtsvortritt sind möglich, beispielsweise bei Velo-Vorrangrouten und allenfalls auch bei Übergängen zu Fussgänger- und Begegnungszonen.
Velo-Vorrangrouten
Um das Velo als bevorzugtes Transportmittel im innerstädtischen Verkehr zu fördern, sieht der Stadtrat verschiedene Velo-Vorrangrouten vor. Das sind durchgehende Verbindungen, auf denen Massnahmen zu Gunsten der Velofahrenden ausgelegt werden, ohne aber den Motorfahrzeugverkehr zu verbieten. Diese Verbindungen queren die Stadt einerseits in Ost-West- und andererseits in Nord-Süd-Richtung.
Die zu ergreifenden Massnahmen sollen den Strassenraum so ausgestalten, dass sie für die gewünschten Verkehrsteilnehmenden möglichst attraktiv sind. Auf Velo-Vorrangrouten kann das beispielsweise eine sichere Strassenquerung sein, wie sie aktuell an der Löwenstrasse im Bereich des Berufsschulzentrums realisiert wird und die Nord-Süd-Achse zwischen Hauptstrasse und der Fuss- und Velounterführung Stadtbahnhof für Velofahrende sicherer machen soll. Auch Strasseneinengungen können ein wirksames Mittel sein, um den motorisierten Individualverkehr zu lenken. Sie lassen den Begegnungsfall Velo-Auto problemlos zu, sind also für Velofahrende kein Hindernis. Zwei Autos hingegen können nicht kreuzen. Die Gestaltung der Löwenstrasse Ost ist ein Beispiel dafür, wie Velofahrende gegenüber dem motorisierten Individualverkehr bevorzugt werden können. Und schliesslich soll auf Velo-Vorrangrouten in Tempo 30-Zonen auch zukünftig kein Rechtsvortritt gelten, womit der Rückbau von bestehenden Trottoirüberfahrten vielerorts entfällt und Velofahrende damit auf diesen Routen weiterhin Vortritt haben.
Im Gegenzug ist auf Routen, welche primär eine Erschliessungsfunktion für den motorisierten Verkehr haben, die Aufhebung der Parkfelder denkbar. Im Vordergrund steht hier die Kirchstrasse, über welche die Tiefgaragen Trischli, Beda und Stadthof oder auch die Parkieranlagen Marktplatz und Curtiplatz erschlossen sind (womit dort in Gehdistanz bereits genügend öffentliche Parkplätze zur Verfügung stehen).
Nicht möglich ist es, den Fuss- und Veloverkehr und den motorisierten Verkehr auf derselben Route ganz zu trennen. Die Platzverhältnisse auf dem dicht bebauten Stadtgebiet lassen das nicht zu.
Parkgebühren als unterstützendes Hilfsmittel
Parallel zu den vorstehenden Massnahmen überarbeitet der Stadtrat den Parktarif. Dieser gilt seit vielen Jahren unverändert und soll so angepasst werden, dass er die vorstehenden Zielsetzungen unterstützt, es also beispielsweise attraktiver ist, die Autos in Tiefgaragen und auf den grossen oberirdischen Parkplätzen abzustellen. Der Tarif liegt aktuell beim Preisüberwacher zur Stellungnahme. Der Stadtrat wird zu gegebener Zeit im Detail darüber informieren.